Noch bevor ich die erste Überschrift in diesem Text schreiben konnte, war er schon wieder da – dieser Moment. Der Moment, in dem dir klar wird: Dein Leben ist gerade auf den Kopf gestellt worden. Für immer. Kein sanfter Übergang, keine Vorwarnung. Sondern ein Wimpernschlag zwischen Vorher und Nachher.
Wenn der Kreißsaal leise wird und du plötzlich laut atmest
Ich erinnere mich noch glasklar an den Moment. Nicht, weil er filmreif war – mit dramatischer Musik und Tränen im Scheinwerferlicht –, sondern weil alles so surreal still wurde. Die Welt, die Stunden zuvor noch aus hektischen CTG-Pieptönen, verschwitzten Wehenabständen und nervösem Rumgelaufe bestand, hielt für einen Wimpernschlag die Luft an. Dann war da dieses kleine Geräusch: ein Schrei. Unser Baby. Unser Kind. Unser Alles.
Und obwohl ich vorher dachte, ich wüsste, was mich erwartet – ich hatte schließlich Bücher gelesen, Geburtsvorbereitung gemacht, sogar einen Podcast gehört – war ich plötzlich nur noch eins: überrollt. Nicht nur von Gefühlen, sondern von einer Erkenntnis, die wie ein Blitz einschlug:
„Jetzt bist du Mama. Jetzt seid ihr Eltern.“
Was das wirklich bedeutet, begreift man nicht in einem einzigen Moment. Es ist ein Prozess, ein wildes Wechselspiel zwischen Erkenntnissen, Schlafmangel und ganz viel Windelgeruch. Aber dieser allererste Moment – der hat sich eingebrannt.
Die Geburt: Mehr als nur das Ende einer Schwangerschaft
Natürlich beginnt das Elternsein nicht erst mit dem ersten Schrei des Babys. Und doch ist dieser Moment der symbolische Startschuss. Für viele von uns ist die Geburt eine Art Schleuse – man geht rein als Paar (oder Alleingebärende), und kommt raus als Familie. Klingt pathetisch? Mag sein. Fühlt sich aber genauso an.
Ich lag da also, verschwitzt, verheult, mit zerzausten Haaren und Tränen auf den Wangen. Und plötzlich lag da dieses Wesen auf meiner Brust, das aussah, als käme es direkt aus dem Weltall. Ich war schockverliebt. Und gleichzeitig überfordert. Ich wollte lachen, weinen, jubeln und schlafen – alles gleichzeitig.
Mein Partner? Der stand da mit einem Blick zwischen Panik und purer Liebe. Er hat in dem Moment so oft „krass“ gesagt, dass es unser erstes Baby-Wort wurde.
Der erste Abend im Krankenhaus: Ein Baby, viele Fragen
Nach dem Geburtstrubel, als alle gratuliert hatten und die Hebamme den Raum verließ, kam das große Fragezeichen. Das Baby war da. Und jetzt?
Da lag es in seinem durchsichtigen Plastikbettchen, guckte mit zusammengekniffenen Augen in die Neonbeleuchtung und hatte keine Ahnung, dass wir keine Ahnung hatten. Ich glaube, dieser erste Abend war der Moment, in dem ich wirklich realisiert habe, was es bedeutet, Eltern zu sein:
Du bist jetzt verantwortlich. Rund um die Uhr. Ohne Pause. Ohne Exit-Taste.
Und das ist eine Erkenntnis, die dich in den ersten Wochen immer wieder trifft – meist um drei Uhr morgens, wenn das Baby zum vierten Mal wach wird und du nicht mehr weißt, wie du heißt.
Die ersten Tage zu Hause: Willkommen im neuen Leben
Zuhause war alles vorbereitet: Wickelkommode, Beistellbett, Milchpumpe, Stillkissen – sogar das Mobile überm Babybett war perfekt ausgerichtet. Und doch: Nichts, aber auch gar nichts, hat uns vorbereitet auf dieses Chaos mit System.
Der erste Windelwechsel? Hat zwanzig Minuten gedauert und endete mit einem kleinen Pipi-Geysir. Das erste Stillen? War ein Drama aus „klappt nicht“, „tut weh“ und „warum sagt einem das niemand vorher?!“.
Aber dann: dieser Blick. Diese winzigen Finger, die sich reflexartig um deinen kleinen Finger krallen. Dieses Geräusch, wenn das Baby schläft und ein bisschen schnarcht. In diesen Momenten dämmerte uns immer mehr:
Das ist jetzt unser neues Normal.
Schlafmangel, Tränen und der Geruch von Babyhaut
Ich will ehrlich sein: Die ersten Wochen waren hart. Richtig hart. Ich war müde, ich war gereizt, ich war überfordert. Mein Partner übrigens auch – auch wenn er immer so tat, als hätte er alles im Griff.
Wir stritten. Wir weinten. Wir googelten nachts „Ist mein Baby kaputt?“ und „Warum schreit mein Kind immer zwischen 18 und 22 Uhr?“. Wir diskutierten über Einschlafmethoden und überlegten ernsthaft, ob wir jemals wieder in Ruhe duschen können.
Aber zwischen all dem Frust und der Unsicherheit lagen diese kleinen, goldenen Momente: Der erste Blickkontakt. Das erste unbewusste Lächeln. Der erste gemeinsame Spaziergang, bei dem man das Gefühl hatte, die ganze Welt müsste doch jetzt stehen bleiben, weil wir mit diesem Wunder unterwegs sind.
Wenn Freunde Eltern werden – und du plötzlich der Profi bist
Interessant wird es, wenn deine Freunde irgendwann auch Kinder bekommen. Plötzlich bist du der „alte Hase“. Der mit den Tipps. Der weiß, wie man Spuckflecken aus Baumwolle kriegt oder welche Babytrage nicht sofort Rückenschmerzen verursacht.
Und dann merkst du: Du bist wirklich Elternteil. Nicht mehr nur in der Theorie. Du hast dich durch die erste Windelpackung, die erste Koliknacht und das erste Mal „Er lässt sich nicht ablegen!!“ gekämpft. Und du bist noch da.
Der neue Alltag: Improvisation auf Champions-League-Niveau
Ich hätte nie gedacht, wie kreativ man wird, wenn man mit Baby unterwegs ist. Vom Spucktuch als Sonnenschutz bis zur Notfallwindel aus Küchenrolle – Elternsein ist ein Improvisationstheater mit viel Herz.
Man lernt, mit einer Hand zu essen, mit der anderen zu stillen und gleichzeitig den Hund vom Sofakissen fernzuhalten. Man entwickelt ein Gehör für Babylaute, das jede Opernsängerin neidisch machen würde. Und man feiert Dinge, die man vorher nie beachtet hätte: ein leerer Wäschekorb, zehn Minuten Duschen oder ein Nickerchen ohne Unterbrechung.
Fazit: Elternsein beginnt nicht nur mit der Geburt – sondern mit dem Gefühl
Dieser Moment, in dem wir realisiert haben, dass wir jetzt Eltern sind, war nicht nur ein einzelner. Es war eine ganze Reihe von Augenblicken, kleinen Erkenntnissen und großen Emotionen. Und sie dauern bis heute an.
Denn auch wenn das Baby irgendwann kein Baby mehr ist – das Elternsein hört nicht auf. Es verändert sich nur. Wird lauter, bunter, manchmal auch anstrengender. Aber immer echter.
Und manchmal, wenn ich nachts an seinem Bett stehe, während es leise schnauft und sich im Schlaf dreht, denke ich zurück an diesen allerersten Moment. Und flüstere leise:
„Ja, wir sind Eltern. Und das ist das Beste, was uns je passiert ist.“