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Unser erster Familienurlaub: Ein Chaosmärchen

Zwischen Sonnencreme-Drama, Navi-Wahnsinn und der Suche nach dem einzigen Sandspielzeug – so wurde unser erster Familienurlaub zur Legende.

Es gibt Entscheidungen, die trifft man mit dem Herzen. Oder mit einem akuten Bedürfnis nach Flucht vor dem Familienalltag. Unser Entschluss, in den ersten richtigen Familienurlaub zu starten, fiel irgendwo dazwischen. Zwischen Milchkaffee und Brezelkrümeln, zwischen Trotzanfall und Zahnarzttermin. Und genau deshalb wurde er so unvergesslich. Es sollte ein Abenteuer werden – und es wurde eins. Nur anders, als wir es uns ausgemalt hatten. Kein Reiseprospekt der Welt hätte unser kleines Familienepos korrekt angekündigt. Aber wir haben gelacht, gestritten, geweint – und irgendwie auch gewachsen.

Die große Idee: Wir fahren ans Meer!

Es begann mit einer dieser typischen Sonntagnachmittag-Ideen. Die Kinder lagen matschig vor der Glotze, mein Mann scrollte auf dem Handy durch Urlaubsangebote, und ich hatte gerade zum vierten Mal diese Woche „Wie viel Wäsche passt eigentlich in eine Trommel?“ gegoogelt. Zeit für eine Pause. Für Sand zwischen den Zehen. Für das berühmte Familienglück am Meer. Spoiler: Es wurde alles, nur nicht entspannt.

Natürlich war die Entscheidung nicht ganz spontan. Schon lange hatten wir darüber gesprochen, endlich mal rauszukommen. Nicht nur ins nächste Hallenbad oder in den Park um die Ecke, sondern so richtig raus. Mit Koffer, ohne Wäscheberge, mit Meeresrauschen und möglichst wenig WLAN.

Packen mit Kindern – ein sportliches Abenteuer

Wir hatten einen Plan. Einen echten. Liste, Häkchen, Farbkodierung. Ich war kurz davor, ein Pack-Doodle zu erstellen. Doch dann kam der Moment, in dem ich versuchte, gleichzeitig Sonnenhüte, Matschhosen (man weiß ja nie) und drei Lieblingskuscheltiere pro Kind in einen Koffer zu stopfen. Die Sache mit dem Minimalismus hatten wir offenbar unterschiedlich verstanden.

Mein Mann hatte währenddessen die ehrenvolle Aufgabe, das Auto zu „optimieren“. Sprich: Jedes Fach, jede Nische wurde zum Stauraum erklärt. Irgendwann hatte er sogar eine Jacke im Fußraum des Beifahrersitzes verstaut – unter der Trinkflasche, aber über der Brotbox. Kunstvoll.

Und dann das Handgepäck! Ich sage nur: Snacks, Ersatzklamotten, Windeln, Feuchttücher, Pixi-Bücher, Ladekabel, das ominöse Lieblingsauto mit abgeknicktem Rad, das unter Tränen wieder auftauchte. Ich fühlte mich wie ein schlecht bezahlter Logistik-Profi in Flip-Flops. Nebenbei erklärte ich zehnmal, warum wir nicht den riesigen Kuschel-Pinguin mitnehmen können. Spoiler: Er fuhr natürlich trotzdem mit.

Abfahrt, aber bitte mit Drama

„Ich muss nochmal aufs Klo!“ – der Startschuss für unsere Urlaubsreise. Wir hatten das Auto endlich beladen (Tetris-Level: Gott-Modus), das Navi programmiert und uns sogar auf ein gemeinsames Hörbuch geeinigt. Soweit alles gut. Bis zur ersten Baustelle.

Und dann zur zweiten.

Und zur dritten.

Irgendwann stiegen wir auf Landstraßen um. Das Navi schrie nach Re-Routing, mein Mann schrie zurück. Die Kinder schliefen endlich ein, just in dem Moment, als wir an einem Streichelzoo mit Eisbude vorbeifuhren. „Mamaaaa, warum sind wir da nicht hingefahren?!“

Als die Stimmung endgültig zu kippen drohte, griff ich zur letzten Waffe: Reiswaffeln. Sie klebten binnen Sekunden überall – in Haaren, auf Sitzen, im Kindersitz. Aber immerhin war Ruhe. Für exakt neun Minuten.

Unterkunft deluxe? Eher deluxe-gefährlich

Angekommen! Irgendwann. Die Ferienwohnung war laut Beschreibung „kinderfreundlich und ruhig gelegen“. In echt lag sie direkt an einer Bundesstraße, und der Garten war eher ein ungepflegter Hinterhof mit Grillresten aus dem letzten Jahrzehnt.

„Mama, wo ist das WLAN?“ – die erste Frage. Danach: „Warum ist hier alles so alt?“ Und dann der Klassiker: „Ich will nach Hause.“

Das Schlafzimmer roch leicht muffig, die Matratzen waren ungefähr so weich wie ein Waffeleisen, und das Badezimmer hatte einen gewissen Retro-Charme der späten 80er – allerdings ohne Flair. Und doch: Irgendwie richteten wir uns ein. Wie Nomaden, die wissen, dass es morgen weitergeht, aber trotzdem die Zelte schmücken.

Aber hey, wir hatten immerhin Meerblick. Wenn man sich ganz weit aus dem Klofenster lehnte und den Hals verrenkte.

Strandtag Nummer eins: Das volle Programm

Am nächsten Morgen waren wir hochmotiviert. Also… wir wollten es sein. Kind 1 hatte Sonnencreme im Auge, Kind 2 hasste Sand in den Schuhen, mein Mann hatte den Sonnenschirm vergessen, ich mein Handy verloren (es war in der Wickeltasche, zwischen zwei Quetschies) und unser einziger Eimer war schon nach zehn Minuten Opfer eines fremden Krabbelkindes.

Die Kinder aßen Sand, der Picknickkorb war ein Witz, und ich überlegte kurz, ob man mit einem Cocktail um zehn Uhr morgens noch als verantwortungsvolle Mutter gilt. Spoiler: Man darf das denken. Man muss es nur nicht tun.

Später suchten wir stundenlang nach einer Eisdiele ohne endlose Schlange, fanden eine, nur damit Kind 2 sein Eis sofort auf den Boden fallen ließ. Ich wollte kurz weinen, entschied mich aber fürs Lachen. Weil sonst alles geplatzt wäre – ich inklusive.

Der Moment, in dem alles stillstand

Am dritten Tag hatten wir einen dieser raren, magischen Momente. Die Kinder bauten zusammen eine Sandburg. Ohne Streit. Ohne Tränen. Mein Mann und ich hielten Händchen (also kurz, bevor einer aufspringen musste, weil Kind 2 eine Muschel „gegessen“ hatte). Wir atmeten durch. Und für einen winzigen Augenblick war da: dieses berühmte Urlaubsgefühl. Sonne. Lachen. Salz auf der Haut. Familie.

Und dann fiel jemand ins Wasser.

Trotz nasser Klamotten und panischem Trockentupfen mit dem einzigen noch sauberen Handtuch: Dieser Moment bleibt. Wie ein Foto im Kopf, das sich nicht verwischt. Vielleicht war es der erste Urlaubsmoment, bei dem wir nicht überlegten, was als nächstes schiefläuft, sondern einfach nur da waren.

Kulinarik für Fortgeschrittene

Essen mit Kindern im Urlaub? Eine eigene Wissenschaft. Wir hatten alles durch: Fischbrötchen („Iiiih, was ist das Glibberige?“), Pommes („zu weich“), Pasta („zu viel grünes Zeug“), Picknick am Strand („alles voller Sand!“).

Höhepunkt war das Restaurant, das als „besonders familienfreundlich“ galt. Es gab keine Kinderstühle, dafür ein Deko-Regal mit Porzellanfiguren auf Augenhöhe. Wir blieben exakt 23 Minuten.

Am nächsten Tag versuchten wir es mit Selbstversorgung. Resultat: Spaghetti mit Ketchup, serviert auf Plastiktellern, während ein Kind nackt durch das Wohnzimmer lief und das andere versuchte, mit der Gabel Musik zu machen.

Ich habe noch nie in meinem Leben so sehr eine Tiefkühlpizza geliebt wie an diesem Abend.

Regen, Frust und trotzdem Lachen

Zwei Tage Dauerregen. Zwei. Ganze. Tage. Der Fernseher in der Unterkunft hatte gefühlt drei Sender. Einer davon lief auf Polnisch, einer war Teleshopping. Also spielten wir „Ich sehe was, was du nicht siehst“ und führten irgendwann ernsthafte Diskussionen darüber, ob man sich mit Klorollen eine Kegelbahn bauen kann. Antwort: Ja. Sollte man das tun? Auch ja.

Es war chaotisch. Es war laut. Und irgendwann so albern, dass wir uns vor Lachen gekringelt haben. Wir machten aus Plastikschüsseln Trommeln, veranstalteten Kissenschlachten, bauten Höhlen und erzählten Gruselgeschichten mit Taschenlampen.

Ich glaube, ich habe in diesen Tagen mehr über meine Kinder gelernt als in einem ganzen Jahr. Über ihre Fantasie. Ihre Geduld. Ihre unglaubliche Fähigkeit, aus jedem Moment ein kleines Abenteuer zu machen – wenn man sie nur lässt.

Rückfahrt mit Herz und Hängematte

Die Heimfahrt war erstaunlich ruhig. Vielleicht, weil wir alle ein bisschen geschafft waren. Vielleicht, weil wir trotz allem irgendwie zusammengewachsen sind. Vielleicht, weil wir wussten: Dieser Urlaub war nicht perfekt. Aber er war unserer. Mit Ecken, Kanten, Sonnenbrand, zu viel Gepäck und noch mehr Geschichten.

Wir redeten über unsere Lieblingsmomente. Die Sandburg. Das Eis. Die Klorollen-Kegelbahn. Und ja, sogar über das gruselige Schlafzimmer. Es wurde unser Running Gag: „Weißt du noch, wie das Bett gequietscht hat, wenn man nur geblinzelt hat?“

Zuhause angekommen, entdeckten wir das Sandspielzeug im Kofferraum. Ungenutzt. Aber sowas von mitgereist.

Was bleibt? Eine Legende!

Unser erster Familienurlaub war alles andere als reibungslos. Er war chaotisch, anstrengend, nervig – und trotzdem wunderschön. Weil wir gemeinsam durch den Wahnsinn gegangen sind. Weil wir miteinander gelacht, gestritten und improvisiert haben.

Und weil wir am Ende mehr mitgebracht haben als schmutzige Wäsche: Erinnerungen. Geschichten. Und den festen Vorsatz, beim nächsten Mal wirklich weniger mitzunehmen. Vielleicht. Wahrscheinlich. Oder eben auch nicht.

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