Freizeit mit KindBasteln & DIY mit KindernPapierschiffchen falten und auf große Reise schicken

Papierschiffchen falten und auf große Reise schicken

Ein Familienabenteuer zwischen Papier, Pützen und Fantasie

Es begann alles an einem verregneten Nachmittag. Du kennst diese Tage: Die Kinder sind unausgelastet, das Wohnzimmer sieht aus wie nach einem Polarexpress-Unfall und du hast einfach keine Lust mehr auf Brettspiele oder die dritte Runde Uno. „Lasst uns was basteln!“ rief ich aus der Küche, halb in der Hoffnung auf Ruhe, halb im vagen Versuch, irgendetwas Konstruktives aus dem Tag zu machen.

„Papierschiffchen!“ schallte es aus zwei Kinderkehlen gleichzeitig. Und da war er: unser Plan für den Nachmittag. Was als kleine Bastelei begann, wurde zu einem stundenlangen Familienabenteuer mit regennassen Gummistiefeln, fantasievollen Geschichten und einem großen Staunen darüber, wie weit ein Stück Papier tragen kann.

Der Start: Nur ein Blatt Papier

Alles, was wir brauchten, war Papier. Weißes Druckerpapier, buntes Bastelpapier, sogar ein Blatt aus einem alten Schulheft wurde zweckentfremdet. Schnell merkten wir: Unterschiedliche Papiersorten sorgen für völlig unterschiedliche „Seetüchtigkeit“. Das Schulheftblatt zum Beispiel saugte sich sofort voll und kenterte in unter drei Sekunden. Notiert: kein Recycling auf hoher See.

 

Die Kids wollten natürlich lernen, wie man ein Schiff faltet. Also saßen wir gemeinsam am Küchentisch, jedes Kind mit einem Blatt Papier vor sich, und ich fühlte mich wie ein Bastel-Youtuber in Slow-Motion. „Jetzt die Ecken aufeinander falten… Nein, die anderen Ecken!“ Nach dem dritten Versuch hatte es auch der Jüngste geschafft. Stolz wie Oskar.

Und dann fing es an, richtig Spaß zu machen. Die Kinder wurden mutiger, wollten eigene Varianten ausprobieren. Ein Schiff wurde besonders lang gefaltet, ein anderes besonders breit. Wir diskutierten über aerodynamische Vorteile, als wären wir kleine Papierschiff-Ingenieure mit jahrelanger Erfahrung. Mein Sohn baute sogar eine „Schnellboot-Version“ mit abgeschnittenem Bug. Ob es wirklich schneller war? Keine Ahnung. Aber es sah rasend aus.

Die Werft ist eröffnet

Was dann folgte, war eine regelrechte Massenproduktion. Jedes Schiff wurde ein bisschen anders. Manche hatten aufgemalte Fenster, andere Segel aus Zahnstochern und Taschentüchern. Ein besonders ehrgeiziges Modell bekam sogar eine Reling aus Pfeifenreinigern.

Bald hatten wir eine ganze Flotte. Die Kinder gaben jedem Schiff einen Namen: „Die Seegurke“, „SS Gummibär“ oder „Titanic 2.0“ (ein wenig Galgenhumor gehört dazu). Für jedes Schiff wurde eine Geschichte erfunden, ein Kapitän ausgedacht und eine Mission beschlossen. „Die Seegurke muss Gummistiefel nach Afrika bringen!“ Klar doch.

Und es blieb nicht bei einem Nachmittag. Am nächsten Tag wurde weitergebaut. Mein Sohn wollte ein Containerschiff machen, meine Tochter bestand auf ein Schiff mit „Hängematte für Tiere“. Es wurde gebastelt, geklebt, geschnitten und gemalt. Die Werft lief auf Hochtouren, und unser Wohnzimmer wurde zum kreativen Chaoszentrum.

Auf zur Schiffstaufe: Einsatzgebiet Regenrinne

Es hörte auf zu regnen. Zumindest kurz genug, um die große Reise zu wagen. Mit Gummistiefeln, Regencapes und einem Eimer voller Papierschiffchen zogen wir los. Ziel: die große Regenrinne am Ende der Straße, die gerade gut geflutet war.

Die erste Wasserung war ein voller Erfolg. Das Schiff glitt majestätisch davon – bis es gegen einen Ast prallte und sich drehte. „Papa, hilf der Seegurke!“ rief meine Tochter, während ich barfuß (weil logisch: Gummistiefel vergessen) durch die nasse Büsche robbte, um das Schiff zu retten. Mission gelungen.

Andere Schiffe hatten weniger Glück. Ein besonders leichtes Modell wurde direkt vom Wind erfasst und segelte in den Vorgarten der Nachbarn. Dort wurde es kurzzeitig zur „Briefkastenyacht“. Wir entschuldigten uns und mussten alle lachen.

Ein drittes Schiff, liebevoll mit Goldsternen beklebt, versank dramatisch nach zehn Metern. „Mama, wir brauchen ein Rettungsboot!“ rief mein Jüngster und bastelte spontan ein Mini-Schiff aus einer Serviette. Das hielt zwar nur sechs Sekunden, aber hey – der Wille zählt.

Kleine Katastrophen und große Helden

Natürlich blieb es nicht bei trockenen Hosen. Mein Jüngster fiel mit voller Absicht in eine Pütze, weil sein Kapitän „eine Wasserlandung üben“ musste. Ich versuchte, gelassen zu bleiben, während ich mit einem Taschenmesser einen kleinen Staudamm baute, damit unsere Flotte nicht im Gully verschwand.

Einige Schiffe gingen verloren. Andere wurden heldenhaft gerettet. Und jedes Mal, wenn ein Schiff um die Ecke trieb und aus dem Sichtfeld verschwand, standen wir da wie auf einem echten Pier und winkten, als wären wir Hamburger Hafenarbeiter.

Am Rand des Abenteuers entdeckten wir sogar Kaulquappen, einen Regenwurm und ein Schneckenrennen auf dem nassen Bürgersteig. Unsere Schifffahrt wurde spontan zur kleinen Naturentdeckungstour. Die Kinder waren begeistert. Ich war durchnässt. Und irgendwie war alles genau richtig so.

Die Heimkehr und die Nachbesprechung

Wieder zuhause angekommen, nässer als gewollt, aber glücklich, wurde heißer Kakao gemacht und trockene Kleidung verteilt. Die Kinder erzählten nochmal ausführlich, welches Schiff wie weit gekommen war, welche Abenteuer es unterwegs hatte und welche Heldentat besonders mutig war.

Einige der überlebenden Schiffe wurden zum Trocknen auf die Heizung gestellt. Andere durften im Kinderzimmer weiterleben, nun als „Museumsschiffe“. Eines wurde sogar an die Großeltern verschenkt. „Das ist die Gummibär. Die war auf Weltreise und hat ein Nilpferd gerettet.“

Später haben wir eine kleine Karte gezeichnet – eine Art Seekarte für unsere Flotte. Jeder Papierschiffname bekam eine Route, jeder Stopp einen Ort mit Namen. Aus „Regenrinne“ wurde „Wellenbucht“, aus der „Straßenecke“ das „Kap der Überraschung“. Diese Karte hängt jetzt am Kinderzimmer-Regal und erinnert uns täglich an unser Abenteuer.

Warum Papierschiffe mehr sind als nur gefaltetes Papier

Dieses Bastelabenteuer war so viel mehr als eine einfache Idee gegen Langeweile. Es war ein Einstieg in Geschichten, ein kleines Alltagsabenteuer, bei dem jedes Kind seine eigene Rolle hatte. Es war Basteln, Spielen, Natur erleben, Lachen und Lernen in einem.

Und das Beste: Es war kostenlos, spontan und total wetterunabhängig. Du brauchst nur Papier, ein bisschen Fantasie und Lust, dich auf den Unsinn deiner Kinder einzulassen.

Es ging dabei nicht nur ums Basteln. Es ging ums gemeinsam Erleben, ums Fantasieren, ums Draußensein – und darum, dass wir Eltern manchmal gar nicht so viel machen müssen. Oft reicht ein kleiner Impuls, ein Blatt Papier – und die Kinder zaubern daraus ein ganzes Universum.

Unser Fazit: Immer wieder gerne

Seit diesem Nachmittag haben wir schon drei weitere „Schiffstouren“ gemacht. Mal in den nahegelegenen Bach, mal im Park in einer Rinnspur, einmal sogar in der Badewanne mit aufgedrehtem Duschkopf.

Und jedes Mal gibt es neue Schiffsnamen, neue Missionen, neue Geschichten. Manchmal kommt sogar ein Piratenaspekt dazu oder wir bauen aus Lego eine kleine Hafenkulisse dazu. Die Ideen gehen nie aus.

 

Neulich haben wir sogar ein Nachbar-Kind mit ins Boot geholt – im wahrsten Sinne. Bald standen fünf Kinder im Kreis, falteten und erzählten, planten und lachten. Ein einfaches Stück Papier wurde zum Mittelpunkt einer ganzen Nachmittagswelt.

Was bleibt? Eine Menge schöner Erinnerungen. Und ein Stapel leicht welliger Papierbötchen, die uns daran erinnern, dass es nicht viel braucht für ein großes Abenteuer.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Top Themen

Die neusten Beiträge

Weitere Artikel